Der römische Limes in Österreich

Danube Limes IÖG Übersichtskarte des römischen Limes
 

Fundorte -> Wien / VINDOBONA -> Fundkomplex Legionslager Wien

Legionslager Wien

Lage

Ortsteil:

I. Bezirk

Gemeinde:

Wien

Denkmäler

Holzbauten und der Grabstein des C. Atius der legio XV Apollinaris lassen bereits in den ersten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. eine militärische Niederlassung vermuten. Unter Nerva/Trajan wurde das Lager mit einem rechteckigen Grundriss errichtet. Der Verlauf der Lagermauer und der Gräben, Tiefer Graben - Naglergasse - Graben - Rotenturmstraße, zeichnet sich noch heute im Stadtbild ab. Die Innenbauten (principia und praetorium) sind gut zu verorten, sowie die via principalis. Die Thermen (Marc-Aurel-Straße, Berghof) wurden noch in der Spätantike genutzt.
Nach der um 300 erfolgten Hangrutschung im Nordwesten wurden Stützmauern entlang der Bruchkante zur Donau gebaut.
Für die Spätantike sind Befunde und Funde im zivilen Kontext erkennbar; dies geht mit einer reduzierten Besatzung der legio X gemina einher. Ein Restkastells ist archäologisch nicht gesichert. Im Areal der Mannschaftsbaracken (Judenplatz) zeigen sich Veränderung der Baustrukturen, Werkstätten und Öfen deuten auf eine zivile Nutzung.
Um 400 wurden die Baustrukturen des Legionslagers aufgegeben, neue Gebäude wurden in Trockenmauern errichtet, die Organisation der romanisch-germanischen Bevölkerung ist ungeklärt.

Diese Fundstelle steht unter Denkmalschutz.

Kategorie:

Legionslager
Legionslager (Mauer 400 x 500m); vorgelagertes Grabensystem; westliche, südliche und östliche Toranlagen; Zwischentürme; principia; praetorium; via principalis; Mannschaftsbaracken; Offiziersquartiere; Lagertherme; spätantike Siedlungsstrukturen (u.a. Werkstätten, Öfen); Trockenmauern von Gebäuden des 5. Jh.

Lateinischer Name:

VINDOBONA
Ptolemaeus, Geographia II 14,3. Tab. Peut. IV 1. Itin. Antonini 233,8 (Uindomenia), 261,4a und 266,7 (Uindobona, Uendobona) sowie 266,4 (Uindobonia). Notitia dign. Occ.34,25. Jordanes, De origine actibusque Getarum 50,264. Aurelius Victor, De Caes. 16,14.

Stationierte Truppen:

Legio X Gemina pia fidelis, Legio XIIII Gemina Martia victrix, Legio XIII Gemina
Die Legio XIII Gemina begann mit dem Bau des Legionslagers 89-92/93 n. Chr. und blieb bis 101n. Chr. Die Legio XIIII Gemina Martia Victrix folgte, die 114 n. Chr. nach Carnuntum versetzt wurde. Die wichtigste Legion war die Legio X Gemina, die ihren Standort in Vindobona bis in das 5. Jh. hatte (Mosser 2005). Zahlreiche Grabsteine und Ziegelstempel, sowie Bauinschriften geben Zeugnisse der Truppengeschichte.
Wo die durch Inschriften nachgewiesenen Reitertruppen Ala I flavia Augusta Britannica milliaria und die darauf folgende Ala I Batavorum milliaria p.f. im Wiener Stadtgebiet stationiert waren, ist vorerst ungeklärt. Für letztere ist eine Anwesenheit 101-114 n. Chr. anzunehmen. Danach ist die Verlegung der Reitereinheiten und die Gründung des Reiterkastells in ALA NOVA/Schwechat plausibel.

Zeitstellung

Datierung:

97 AD - 400 AD

vorclaudische Holzbauten; Lagerstrukturen nach 97/98 n. Chr. (Ziegelstempel) bis um 400; Siedlungsspuren bis in die 2. Hälfte des 5. Jh.

Phase:

Römische Kaiserzeit

Forschungsgeschichte

Um 1865 begann unter F. v. Kenner die wissenschaftliche Dokumentation der Befunde und die Suche nach dem Legionslager, die von Dokumentation unter J. Nowalski de Lilia unterstützt wurde. Aufgrund der verstärkten Bautätigkeit um 1900 wurden sukzessive die Bodendenkmäler des Legionslagers bekannt, so bei der Hohen Brücke die Porta principalis sinistra, der Verlauf der südlichen Mauer, von der südwestlichen Ecke in der Naglergasse bis zum Graben. Gleichzeitig setze eine Aufnahme der Steindenkmäler ein.
W. Kubitschek und E. Polaschek setzten diese Arbeit in Ausgrabungen (Wipplingerstraße, Kasernen am Hohen Markt) fort.
Ab 1946 wurden Befunde von A. Neumann (Historisches Museum Wien) aufgenommen, vor allem bei Aufbauarbeiten im Stadtzentrum (Am Hof, Neuer Markt). Gebäude im Inneren des Lagers, wie das Lagerbad am Hohen Markt wurden untersucht.
1973 übernahm O. Harl die Funktion als Wiener Stadtarchäologe, und eine Ausstellung des Historischen Museums (Wienmuseum) wird 1977 den "Römern in Wien" gewidmet. Die Stadtarchäologie wird 1989 in der Magistratsabteilung MA 7 institutionalisiert. Notgrabungen bei Tiefgaragen- und U-Bahnbauten führen zu Ergebnissen, die die Siedlungschronologie (Mannschaftsbaracken Wildpretmarkt, Judenplatz) klären.
Die Stadtarchäologie Wien (MA 7) wird seit 2003 von K. Fischer-Ausserer geleitet. Die Ergebnisse der Notgrabungen werden in der Reihe "Fundort Wien" veröffentlicht. Die Aufnahme der Altgrabungen und Befunde in Datenbanken wurde von M. Mosser weitergeführt und ist über die Website "Wien - Kulturgut" öffentlich zugänglich. Weiters schließen die Projekte der UBI ERAT LUPA Ziegelstempel und Steindenkmäler im Wiener Raum auf.

Literatur

Neumann 1967. Harl 1979. Genser 1986, 435ff. Pollak 1992. Weber-Hiden 1996 (Reliefsigillata). Mosser 1998. Mosser 1999a. Gaisbauer-Mosser 2001. Mosser 2002. Gietl et al. 2004. Mosser 2005 (Truppengeschichte). Mosser 2005a. Jandl-Mosser 2008. Mosser et al. 2010. Mosser 2010.

 

Text und Bearbeitung: Eva Kuttner